Das Kaninchenrennen by Boris Koch

Das Kaninchenrennen by Boris Koch

Autor:Boris Koch [Koch, Boris]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: kinder
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2014-09-08T22:00:00+00:00


Flügel und Kneifer

Am Montag stand Tim so früh auf wie noch nie in den Ferien. Es war der erste Tag der neuen Woche, heute konnte er beim alten Schwarzenbacher die Flügel seines Vaters abholen. Dann fiel ihm wieder ein, dass Oma ihm verboten hatte, vor neun Uhr bei anderen Leuten zu klingeln. Die Hasenuhr in der Küche zeigte noch nicht einmal acht, als er gefrühstückt hatte. Noch eine Stunde. Er sah nach Blackbeard und rannte ein wenig mit ihm. Dann durchwühlte er Opas Holz, das Altmetall und den Werkzeugschrank nach Dingen, aus denen er Hindernisse bauen konnte.

Endlich war es fünf vor neun.

Als er sich gerade aufs Rad schwingen wollte, sagte Oma: »Wenn du schon so früh auf bist, kannst du ja dein Zimmer aufräumen.«

Weil Protestieren nichts half, lief er hoch und warf schnell alles, was auf dem Boden lag, in eine Kiste, egal, ob es dort hineingehörte oder nicht.

»Hast du Zähne geputzt?«, fragte Oma, und er tat auch das. Anschließend zwang sie ihn, die Hindernisse wieder vom Rasen zu nehmen. Obwohl er ihr erklärte, was das sollte, nannte sie es Abfall und Unordnung. Dann rief Pascal an, dann Lissy, und dann musste er wiederum Pascal anrufen. Anschließend verbot ihm Oma, aus dem Haus zu gehen, weil es gleich Mittagessen gab. Es war kurz vor eins, bis Tim endlich loskam. Morgen würde er ausschlafen.

»Komm rein«, begrüßte ihn der alte Schwarzenbacher und führte ihn wieder in die Werkstatt. »Magst du eine Cola?«

Tim nickte, obwohl er vor allem die Flügel wollte und nicht noch mehr Zeit vertrödeln.

Der alte Schwarzenbacher fischte zwei Flaschen aus einem alten Kühlschrank hinter der Tür. Irgendwer hatte ihn schwarz angepinselt, und er war über und über mit Notizzetteln, Postkarten und kleinen Plänen behängt. Sie wurden von Magneten in Form von Fratzen und Sauriern gehalten.

Mit einer geübten Bewegung öffnete er die Flaschen an der Schraubstockkante, der Krokodilskopf von letzter Woche war verschwunden. Eine reichte er an Tim weiter. »Brauchst du ein Glas?«

Tim schüttelte den Kopf. »Oma will immer, dass ich aus einem Glas trinke.«

»Das hier ist eine Werkstatt, da sind Flaschen das einzig Wahre.« Der alte Schwarzenbacher setzte sich auf eine große Kiste neben der Werkbank. Sie hatte einen gewölbten Deckel und dunkle Metallbeschläge, auf der Seite prangte ein ausgebleichtes Wappen.

Tim hockte sich auf den hundertfach eingekerbten Hackstock daneben und ließ den Blick über das ringsum herrschende Chaos schweifen. Es wirkte nicht unaufgeräumt, sondern lebendig. Manche der Unverworteten waren unheimlich, aber sie machten ihm keine Angst. Sie machten ihn neugierig. Er fühlte sich wohl in der Werkstatt und verstand plötzlich, dass sein Vater oft hierhergekommen war.

»War mein Vater wirklich Ihr Freund?«, fragte Tim.

»Ja«, sagte der alte Schwarzenbacher. »Soweit Kinder und Erwachsene befreundet sein können, wenn sie nicht verwandt sind.«

»Wieso können sie das nicht?«

»Es ist eben unüblich. Wir bewegen uns meistens in unterschiedlichen Kreisen, wie man so schön sagt. Oder hast du erwachsene Freunde?«

Tim überlegte. Seine einzigen richtigen Freunde im Moment waren Pascal und Lissy, ein Erwachsener fiel ihm nicht ein. »Nein.«

Sie tranken noch einen Schluck, dann erhob sich der alte Schwarzenbacher.



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